Everything Everywhere All At Once Review

Sechs Jahre nach ihrem Filmdebüt mit „Swiss Army Man“ melden sich die Daniels mit „Everything Everywhere All At Once“ erneut mit einem ungewöhnlichen Film zurück, bei der das Multiversum eine Rolle spielt. Die Trailer haben bereits für viel Neugier gesorgt und mit der bisherigen Reputation der beiden Regisseure besteht eine gewisse Erwartungshaltung. Ob der Film die Zuschauer überraschen kann und auch etwas Neues an Unterhaltung dem Zuschauer bieten wird, verrate ich euch in meiner Review.

Trailer

Plot

Evelyn ist eine Immgrantin aus China, die in der USA einen eher wenig profitablen Waschsalon betreibt. Sie versucht alles um den Laden zu halten und steht davor ihr Steuererprüfung bei der strengen Sachbearbeiterin Deirdre Beaubeirdra (Jamie Lee Curtis). Ihre Ehe mit ihrem Mann Waymond steht zugleich auf der Kippe und eine mögliche Scheidung steht bevor. Außerdem will ihre Tochter Joy (Stephanie Hsu) der Familie ihre Beziehung mit ihrer Freundin Becky (Tallie Medel) bekannt machen. Bei aller Offenheit die Evelyn für ihre Tochter hat, empfindet Evelyn den Zeitpunkt der Bekanntgabe noch als zu früh für ihren Opa Gong Gong (James Hong). Der Tag der Steuerprüfung steht an und plötzlich wird Evelyn in ein anderes Paralleluniversum gezogen, in der eine Alternative Version von Waymond versucht Evelyn klar zu machen, dass das Multiversum in höchster Gefahr ist und Evelyn die einzige ist, die der kommenden Bedrohung Herr werden kann.

Volle Bandbreite an Unterhaltung in einem Film

Erneut beweist A24 als Studio für Idependent-Filme, dass sie ein Händchen sowie das Vertrauen haben, den richtigen kreativen Köpfen ein grünes Licht zu geben, dessen Visionen originell sind und im positivsten Sinne ungewönliche Unterhaltung versprechen. Die Regisseure Daniel Kwan und Daniel Scheinert haben bereits damals mit „Swiss Army Man“ mit ihrer zunächst ungewöhnlichen Geschichte mit Daniel Radcliff als Allzwecksleiche für eine überraschende, einzigartige und unerwartete Unterhaltung gesorgt. Dieses mal drehen aber die beiden Regisseure in Sachen Scope für ihren erst zweiten Film wesentlich weiter auf und betten ihre Gesichte in ein Multiversum ein, dessen Auswirkung verheerend und allein in Evelyns (Michelle Yeoh) Händen liegt. Dabei durchläuft Michelles Charakter eine Reise, bei der ihr schauspielerisch eine Bandbreite abverlangt wird, die wir von ihr so bisher nicht gesehen haben. Wenig verwunderlich, da Michell Yeoh vermutlich in ihrer Karriere nie so eine große Varianz an Rollen angeboten haben bekam. Entsprechend erfrischend und bewundernswert ist es ihr dabei zuzuschauen, wozu sie schauspielerisch tatsächlich mit dieser Rolle im Stande ist.

Wir erleben sie nicht nur als eine erneut talentierte Kampfkünstlerin. Durch das Konzept des Multiversums sehen wir eine Michelle Yeoh als Köchin, als Partnerin von Jamie Lee Curtis (als Deirdre Beaubeirdra), als Filmsstar sowie weiteren Versionen, die man im Laufe des Filmes von ihr sehen darf. Alle Varianten von Evelyns spielt Michelle stets überzeugend und gemäß dem Kontext ihres Universums. Das gilt aber eigentlich für alle Schauspieler, die in diesem Film eine Rolle haben. Besonderen Lob an dieser Stelle muss man aber Ke Huy Quan widmen, den man aus Filmen wie „Indiana Jones“ und „Goonies“ in den 80ern kennt. Nach etwa 20 Jahren schauspielerischer Abwesenheit in Hollywood, ist „Everything Everywhere All At Once“seit sehr langer Zeit seine erste richtige Rolle, die er spielt. Man erhält im Film dabei nicht gerade den Eindruck, dass er bei seiner langen Abwesenheit seine schauspielerischen Fähigkeiten verloren hat. Eher ist der gegenteilige der Fall: Wir sehen Ke Huy Quan als Waymond Wang ebenfalls in unterschiedlichen Versionen. Mal als änglichen Ehemann, mal als previlegierten Mann oder als jemanden, der nach dem Messiahs sucht. Generell schaffen es die Daniels mit dem Konzept des Multiversums eine Vielfalt an Unterhaltunsgarten zu erzeugen. Gefühlt durchläuft man alle möglichen Emotionen, die jemals mit Filmen oder Serien mal erlebt hat. Bei einer Laufzeit von 139 Minuten, kommt zu keiner Sekunde irgendeine Langeweile auf. Zwar wirft der Film den Zuschauer in den ersten 20 Minuten in einer Situation rein, in der man schon versucht, die Ereignisse die Evelyn erlebt zu verstehen. Man erhält dabei auch nicht besonders viel Zeit über Evelyns Geschehnisse nachzudenken. Entsprechend lernt man schnell als Zuschauer alles was zu Beginn erläutert auf sich zunächst wirken zu lassen. Denn auch wenn in der Film zu einer gewissen Passage den multiversalen Zweck seiner Handlung erläutert, wird im Laufe des Filmes dem Zuschauer klar, dass der Multiversumsaspekt nicht der Kernpunkt des Filmes ausmacht. Bei aller Verrrückheit, Unverhersehbarkeit der narrativen Etapen, die der Film erreicht, schaffes es die Regisseure inhaltlich ihren Film auf einen Kernpunkt erzählerisch und organisch so zu verdichten, der schlussendlich sein Publik mit einer universellen Message emotional zu berühren versteht.

Inszenatorisch in Sachen Action sowie Productionvalue ist es beindruckend wie hochwertig der Film auf der großen Leinwand wirkt. Zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl, dass es sich nach wie vor um einen Independentfilm handelt, sofern man die Produktionkosten von angeblichen 25 Millionen Dollar berücksichtigt. Viele der choreografierten Kampfsequezen werden direkt von den Darstellern selbst ausgeführt sowie bei Spezialeffekten setzten die Daniels vorwiegend auf praktische Effekte. Viele der Actionsequenzen sind inspiriert oder hommagieren Martial-Arts-Kämpfe aus alten Jackie Chan-Filmen, Hong-Kong-Action-Filmen oder anderen chinesischsprachigen Wuxia-Filmen. Und einige davon mit höchst skurrilen und humorvollen Elementen. Natürlich nutzt dieser Film im Kontext seinen Multiversums auch visuelle Effekte mit CG, jedoch immer mit Bedacht und auch sehr gezielt, ohne dass diese einen aus dem Film herausreißen.

Fazit

„Everything Everywhere All At Once“ ist so ein erstaunlicher Film, dass es jetzt schon klar ist (und das Jahr ist noch früh), dass es sich hier um einen der besten Filme des Jahres handelt. Vergleicht man die Produkktionkosten mit dem was man als Zuschauer auf der große Leinwand sieht, ist aus visueller und inszenatorischer Sicht ein wunderschöner, hochanschaulicher Film, bei dem die Daniels erneut zeigen, dass sie Skurillidität, das Thema Multiversum, brüllenden Humor, Leid, Träume, persönliche Konflikte sowie Liebe gekonnt und organisch in einem Film wunderbar miteinander verheiraten. Der Film bietet in Sachen Unterhaltung gefühlt die gesamte Bandbreite an Emotionen an und wird für viele ein seit langem einzigartiger Kinobesuch sein. Für einige kann es sogar ein Meisterwerk sein. Entsprechend ist es erfreulich, dass Filme dieser Art einen Kinorelease erhalten mit einer originellen Geschichte, die Unterhaltung unterschiedlichster Arten garantiert und unter dem Deckmantel des Multiversums eine echte Substanz hat.