Vier Jahre nach Edgar Wrights letztem Film „Baby Driver“ versucht er sich mit „Last Night in Soho“ einem eher für ihn untypischen Genre. Ob sein Horror Mystery Thriller auch was taugt erfahrt ihr in meiner Review.
Trailer
Plot
Eloise (Thomasin McKenzie) lebt mit ihrer Großmutter gemeinsam im ländlichen Cornwall. Ihre Großmutter zog Eloise bei sich auf als Eloises Mutter sich ihr Leben nahm. Die Schneiderei fließt in der Ader ihre Familie. Die Großmutter sowie die Mutter waren jeweils in der Designerbranche tätig. Eloise selbst träumt ebenfalls davon eine Designerin zu werden. Dementsprechend hat sie sich für eine berühmte Designerschule in London beworben und wird zu ihrer Freude auch akzeptiert. Ihre Großmutter macht sich aber Sorgen um Eloise. Schließlich ist der Umzug in die große Metropole für ihre Enkelin ein sehr großer aufregender Schritt und warnt Eloise stets vorsichtig zu sein und wachsam zu bleiben. Auch bei aller Warnungen ihrer Großmutter, packt sie mit vollster Überzeugung ihren Koffer mit ihren Lieblingsschallplatten mit Liedern aus den 60ern und zieht in die aufregende Großstadt. Als sie jedoch nach dem ersten Nächten im Studentenwohnheim merkt, dass ihr Wohnort für ihre Bettruhe absolut nichts ist, findet sie eine neue Wohnung in Fitzrovia und zieht auch bei der ersten Möglichkeit dort ein. Die Vermieterin Mrs. Colins erlegt Eloise für ihren Aufenthalt strenge Verbote auf. Doch diese stören Eloise überhaupt nicht. Voller Freude und nach ersehnter Ruhe merkt Eloise, dass ihre gemietete Wohnung etwas besonderes ist und viel Historie in sich trägt. Denn in ihren Träumen wird Eloise im Körper von Sandy (Anya Taylor-Joy) in die 60er Jahre Londons zurückversetzt. Eine Zeit die Eloise sehr mag. Bei aller aufregenden Zeitreise in ihrem Schlaf, wird Eloise auch von Geistern heimgesucht. Und das hat ganz schlimme Folgen mit der Eloise nicht rechnet.
Mehr ein Hybrid- als ein Horrorfilm
Wenn man versucht diesen Film in seinem Wesen und Art zu beschreiben, muss man zunächst überlegen welche unterschiedlichen Genres alles innerhalb des Filmes eingearbeitet wurden. Was zu Beginn sich wie ein Coming of Age Film anfühlt, entwickelt sich mit der Laufzeit zu einem Mystery Thriller und dann zu einem immer mehr investigativen Film in der noch zwischendurch verstärkt Horrorelemente mit eingeflechtet wurden. Das was zunächst nach einer großen Mixture von Genres sich anhört, wirkt aber bei der Laufzeit von 156 Minuten immer noch sehr aus einer Feder von Edgar Wright. Erneut zeigt der Regisseur mit seiner Auswahl an Liedern, wie bestimmend diese für die Atmosphäre des gesamten Filmes sind. Es sind so viele an der Stück, dass diese einen großen Teil der End Credits auf der Leinwand einnimmt. Und das feuert er auch in den ersten zwei Dritteln des Filmes so stark ab, dass man als Zuschauer, wenn es zu den Traumreisen von Eloise kommt schon fast in einem Rausch sich befindet. So wirken die Nächte der 60er Londons authentisch, lebendig insezeniert und mitreißend.
Doch was zunächst als sehr lebendige und aufregende Nächte wahrgenommen wird, entwickelt sich innerhalb der Handlung mehr und mehr zu Entdeckungen dunkler und beängstigenden Erlebnissen, die Sandy bereits in den 60ern erlebten. Edgar Wright thematisiert dabei die Ausbeutung und Machtmissbrauch einer ambitionierten Frau mit Karriereträumen, in der sie viele Opportunitäten gegen ihre Willen wahrnehmen muss, um sich überhaupt Chancen für einen Aufstieg zu bewahren. Statt nur über ihre künstlerischen Fertigkeiten zu überzeugen, soll Sandy hauptsächlich über ihre weiblichen Reize wichtige Personen ihres Karriereweges bezierzen, um ihr Ziel zu erreichen. Edgar Wright porträtiert dabei wie abschäulich Männer bereits damals schon waren. Verkörpert von Matt Smith als Jack, die er perfekt spielt. Mit jeder Ausbeutung stirbt mehr und mehr ein Stück ein Teil der Persönlichkeit Sandys, welches ein Teil des eigentlichen Horror ausmacht. Begleitend und ein Stück weit auch stellvertretend für den Zuschauer beobachten wir die Leidenszeit von Sandy über Eloise Augen. Thomasin McKenzie und Anya Taylor-Joy schaffen es dabei zeitweise wie eine einzige Person zu wirken, zugleich aber dann unterschiedliche Persönlichenkeiten zu spielen, wenn mehr ersichtlich wird, wohin die Handlung sich hinentwickelt.
Inszenatorisch überrascht Edgar Wright mit Sequenzen, bei der man gerne über die konkrete Ausführung im Rahmen eines „Behind the Scenes“ mehr erfahren will. Mit längeren Kamerafahrten inszeniert er des Öfteren den Wechsel der Charaktere zwischen Eloise und Sandy vor der Kamera, was stets flüßig, nahtlos und einfach perfekt eingefangen wird. Das zusammen mit den vielen Spiegeleffekten bei der man Eloise oder Sandy in Bewegung den jeweiligen gegenüberstehenden Charakter im Hintergrund beobachten kann, ist faszinierend anzusehen. Allgemein enthält Edgar Wrights neuster Flick stilistsich viele schöne Schauwerte. Besonders wenn es in 60er Jahre Londons zurück geht. Kein Moment in den 60ern fühlt unorganisch oder nicht real an.
So sehr der Film mit seinen ersten zwei Akten überzeugt, ist die Art und Weise wie Edgar Wright ab Anfang des dritten Aktes seine Handlung auszuerzählen gebinnt, leider recht konventiell gehalten. Nichts was sonderlich stört, aber auch in hinsicht der Aufdeckung des Mysterium wenig spektakulär. Ein bisschen hat man daher das Gefühl, dass der Stil und damit die Art und Weise wie der Film wirken soll, etwas mehr Priorität bekommen hat als der Unterbau der Geschichte. Kurz gesagt (nur ein bisschen): „Style over substence.“
Fazit
Das was ein vermeintlicher Horrfilm über die Trailer vermarktet wird, entspricht nicht dem was der Film an und für sich ist.“Last Night in Soho“ hat immer zwischendurch einige Horrormomente sowie auch Horroratmostphäre. Aber spätesten nach dem ersten Drittel des Filmes ist es mehr ein Mysteryfilm, welcher zum Ende hin immer investigativer wird und schlussendlich etwas unspektakurlär endet. Auf die drei Akte betrachtet hat „Last Night in Soho“ zwei ereignissreiche und berauschende Akte, während der letzte Akt erzählerisch wie bei vielen anderen Filmen des ähnliches Genres recht traditionell auserzählt wird. Interessierte die bereits einige Edgar Wright Filme kennen, werden überwiegend Spaß mit dem Film haben, aber diesen Film eventuell als eine schöne nette Idee ansehen bzw. den Versuch Edgar Wright sich an einem anderen Genre auszutoben anerkennen.