Suzume Review

Nach „Your Name“ und „Weathering With You“ feiert Makoto Shinkais neuster Film „Suzume“ seine internationale Premiere auf der 73. Ausgabe der Berlinale, der bereits letztes Jahr in Japan einige Kinoeinspielergebnisse seiner vorherigen Werke übertreffen konnte. Ein Film, dessen Idee auf eine Naturkatastrophe basiert, die vor 12 Jahren in Japan stattfand und diese mit Elementen aus der japanischen Mythologie verbindet. Ob der Film auch in dem, was er erzählt, seine Zuschauerschaft erreicht, wie er es mit seinen vorherigen Werken tat, erfahrt ihr in meiner Review.

Trailer

Plot

Die 17-jährige Oberschülerin Suzume trifft auf ihren Schulweg eines Morgens den jungen Mann namens Souta, der sie danach fragt, ob es in ihrer Stadt Kyushu (im Südwesten Japans) eine Ruine mit einer Tür zu finden gibt. Verwundert auf die Frage macht sie sich weiterhin auf dem Weg zur Schule, bis sie bei einem Bahnübergang sich umentscheidet zurückzukehren und in Richtung Ruinen aufzumacht. Dort entdeckt sie eine aufrecht stehende, verwitterte Tür. Aus Interesse und angezogen von einer unbeschreiblichen Kraft, greift Suzume auf den Türknauf und entdeckt eine wunderschöne Landschaft offen unter einem Sternenhimmel, die sie jedoch nicht betreten kann. Einem Ort, der ihr aus der Kindheit schwach in Erinnerung bekannt vorkommt. Dabei entdeckt sie einen ungewöhnlich geformten Stein, der mit ihrer Berührung selbstständig zu etwas Lebendigen sich formt und aus ihrer Hand wegspringt. Erneut nachdenklich und inzwischen in der Pause nach einem Schulunterricht, sieht Suzume aus dem Fenster einen riesigen, langen roten, wurmförmig konzentrierten Sturm, der aus den Ruinen entspringt. Suzume macht sich erneut auf dem Weg zu den Ruinen und trifft unerwartet auf Souta, der mit aller Mühe gemeinsam mit ihr zusammen die Tür versiegelt und die Stadt Kyushu vor einer Naturkatastrophe bewahrt. Doch in Japan existieren mehrere geheimnisvolle Türen dieser Art, die es zu schließen gilt, und es beginnt eine Reise mit vielen Herausforderungen, die sich Suzume und Souta entgegenstellen müssen.

Actionreiche Reise mit einer schönen emotionalen Note

Wenn Türen tatsächlich zu einer anderen Dimension führen würden, in der Bedrohungen hausen, die für Naturkatastrophen verantwortlich wären, würden wir alle, die das Wissen darüber hätten, wahrscheinlich sehr bestrebt, danach sein, solche besonderen offenen Türen frühzeitig zu entdecken und zu schließen. Und tatsächlich ist die Suche nach diesen Türen für den gesamten Film betrachtet, ähnlich zu einer Schatzsuche mit dem Unterschied, dass die Türen für sich genommen, auch erst mit einem zweiten Blick darauf nicht nur Bedrohungen repräsentiert, sondern mehrere Themen innerhalb Geschichte abhandeln.

Makoto Shinkais Inspiration, die Naturkatastrophe mit mythischen Elementen zu verbinden und dieses in einem Zeichentrickfilm zu inszenieren, ist erwartungsgemäß bildgewaltig, wahnsinnig detailreich und mit viel Liebe zu seinen Charakteren versehen. Shinkais stilistischer Handschrift bzw. Vorgabe ist klar wiedererkennbar und zeigt erneut, dass der kreative Freiraum dieses Mediums sein zu Hause ist und erneut Schauwerte bietet, die von Grund auf für die große Leinwand gedacht sind.

Erzählerisch besinnt sich Shinaki zurück auf eine Struktur, die am nähesten an seinem Werk „Your Name“ gleicht. Entsprechend kann man sagen, dass der Film als Gesamtes zwar sich an Grundprinzipien einer Schatzsuche orientiert, welches thematisch neue Wendungen nimmt, aber der Film im Grunde auf zwei Abschnitte sich aufteilen lässt.
Dabei steht in der ersten Hälfte des Filmes das Schließen der Türen sowie die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Suzume und Souta im Fokus. Aufgrund der auferlegten Mission beider Protagnisten ist „Suzume“ im Vergleich zu allen bisherigen Filmen Shinkais defintiv der Actionreichste. Makoto Shinkai versteht es aber bei all den übernatürlichen Seltsamkeiten bzw. mythologischen Aspekten sehr gut eine Bodenständigkeit aufrechtzuerhalten, sodass man als Zuschauer immer viele reale Bezugspunkte hat, an dem man als Zuschauer stets interessiert hinschaut und die Charaktere auf ihrer Reise gerne mitbegleitet. Diese sind gefüllt mit witziger Situationskomik und unterhaltsamen Social Media-Posts, aber auch mit ruhigen, herzerwärmenden, zwischenmenschlichen Momente zwischen Suzume und allen Menschen, die sie auf ihrem Abenteuer begegnet.

Obwohl Shinkai mit seiner Erzählweise interessante Wege geht, ist der Film nicht frei von Problemen. Dieses lässt sich tatsächlich fast komplett auf das Pacing (die Erzählgeschwindigkeit) zurückführen. Für die längste Zeit fragt man sich nämlich bis zu den letzten Minuten des Filmes, auf was konkret der Film hinarbeitet. Dabei fällt dann relativ schnell auf, dass die Rollen, welche bestimmte Charaktere verkörpern, relativ dünn ausfällt und für den einen oder anderen eventuell im Hinblick auf deren Motivationen sogar ambivalent sein könnten. Denn der Film trägt lange Zeit Mysterien mit sich, auf die Shinkai bewusst nicht eingeht, um diese wirklich zum Ende erst aufzudecken. Das Ende ist für die gesamte Entwicklung der Handlung der Punkt bei dem für viele sich entscheidet, wie gut der Film für einem selbst schlussendlich ist.

Für mich war die Art und Weise, wie Makoto Shinkai mit einer emotionalen Klammer abschließt, sehr berührend. Auch wenn die Szene nur wenige Minuten des gesamten Werkes ausmachen, bildet sie einen Abschluss auf mehreren Ebenen innerhalb des Filmes mit der man nicht unbedingt rechnet.

Fazit

„Suzume“ ist ohne Zweifel aufgrund der mythischen Elemente und der abzuhaltenden Naturkatastrophen der actionreichste Film in Makoto Shinkais bisherigen Filmografie. Die Liebe ist und bleibt weiterhin ein wichtiges Thema und bildet den emotionalen Kern in seinen Filmen. Auch ist die reale Setting, wie wir sie kennen, weiterhin ein wichtiger Ankerpunkt in Suzume, die Zuschauer viele Bezugspunkte bereitstellt, um sich auf diese Art von Abenteuerfilm einzulassen. Auch wenn der Film mit wenigen Pacing-Problemen zu kämpfen hat, ist es in erzählerischer Hinsicht, sei es die Struktur oder dem Inhalt stets ein Erlebnis, wofür es sich lohnt, für diese Art von Filmen ins Kino zu gehen. Inwiefern der Film für als „Gut“, „Sehr Gut“ oder welche Art von Bewertung man auch vornehmen mag, sehr Abhängigkeit vom Ende des Filmes. Je nachdem, wie stark das Ende auf einem selbst wirkt, entscheidet sich auch, mit welchem Gefühl zum Film man aus dem Kino rauskommt.