Darren Aronofskys neuster Film sorgte bereits für Aufmerksamkeit in 2022 bei den Filmfestspielen in Venedig. Im wesentlichen Stand die schauspielerische Leistung von Brandan Fraser, der im März diesen Jahres (2023) den Oscar für den besten Hauptdarsteller bekommen hatte. Nun ist der Film auch in den deutschen Lichtspielhäusern und ich verrate euch, ob dieser Film seine Lobeshymne verdient oder auch nicht verdient?
Trailer
Plot
Charlie (Brandon Fraser) ist Dozent für „Writing“ an einer Universität. Er selbst lehrt aufgrund seiner Fettleibigkeit von zu Hause aus über seinen Laptop und das stets mit einer abgeschalteten Webcam. Seine Fettleibigkeit sorgt für massive Einschränkungen in seinem Leben, sodass er auf die Hilfe von seiner guten alten Freundin Liz für die einfachsten Dinge im Leben angewiesen ist und täglich nach Charlie besucht. Liz (Hong Chau) hat schon viele male Charlie darum geben, sich ins Krankhaus einzuweisen, jedoch weigert sich Charlie, weil eine Behandlung finanzielle Mittel von ihm beanspruchen würde, die er sich nicht leisten kann. Charlies Zustand ist sehr kritisch, sodass er selbst entschließt für seine begrenzte Lebenszeit, seine 16-jährige Tochter Ellie (Sadie Sink) darum bittet ihn zu besuchen, die er acht Jahre lang nicht mehr gesehen hat. Ach Jahre die auch zu eine Entfremdung zwischen den beiden führte. Charlie will diese kaputte Beziehung wieder reparieren. Doch dies gestaltet sich aufgrund der Entscheidungen und Taten in der Vergangenheit Charlies, für sehr schwierig.
Die Welt in einem Zimmer
Wenn eine Verfilmung eines Theaterspiels dem Zuschauer kaum auffallen lässt, das fast der gesamte Film nur in einem Raum stattfindet, wird einem auch klar, dass das Gesprochene und Erzählte zwischen den Charakteren eine starke Präsenz einnimmt. Auch eine starke und offentsichtliche Präsenz hat natürlich Charlie als Hauptfigur von Aronofskys Indie-Film. Die Art und Weise wie Brandan Fraser eine übergewichtigen Vater spielt ist ohne Zweifel oscarwürdig. Durchaus ist die Frage valide, ob nicht eventuell der Fatsuit von Brandan Fraser nicht maßgeblich daran beteiligt ist, die Rolle überzeugend dazustellen. Doch es ist nicht nur die Physis sondern vor allem die emotionale Darstellung eines auf sehr vielen Ebenen gebrochenen Mannes, den Brandan Fraser letztlich verkörpert. Schnell suggeriert der Trailer, – sofern man den gesehen hat – dass es sich einfach nur um einen fettleibigen Mann handelt, der aufgrund von Kummer oder vergangenen Ereignisses sich dick gefressen hat. Doch früh schafft es der Film nach ca. 20 Minuten aufzuzeigen, dass der Konflikt und die Probleme die Charlie mit sich trägt, weitaus komplexer sind, als der Trailer den Anschein macht. Denn im Kern beschäftigt sich der Film mit Themen, wie die spätere Realisierung der eigenen sexuellen Orientierung, gefährliche und auch falsche sektenartige Glaubensrichtungen und das Bedauern von Entscheidungen mit schwer zu akzeptierenden Konsequenzen einen Menschen.
Gerade wenn es um Bedauern und Konsequenzen geht, steht diese Themen unmittelbar in Verbindung mit der Figur Ellie. Sadie Sink spielt dabei wie erwartet eine gezeichnete Figur, die wie viele Teenager eine schwere und teilweise dunkle Phase in ihrem Leben durchlebt, wenn sie einer disfunktionale Familie aufwächst. Wieso „erwartet“? Sadie Sink ist für Viele wohl am bekanntesten durch ihre Rolle als Max in „Stranger Things“. Ebenfalls eine Teenagerin, dessen Familienumfeld höchst disfunktional ist. Entsprechend kann man schnell bei ihrer Rolle, die sie bereits überzeugend in „Stranger Things“ verkörperte von einem Typcast sprechen. Zumindest als Zuschauer und Kenner der Serie, wirkt dann leider die Rolle von Sadie Sink zwar überzeugend, allerdings nicht überraschend und im Verhalten auch vorhersehbar und zeigt keine weitere Bandbreite an schauspielerischen Fähigkeiten auf die Sadie Sink in einem anderem Licht darstellen würde. Dieser Aspekt hat aber nur bedingt Gewicht, da es vorraussetzt Sadie Sink schon mal in vergangenen Rolle gesehen haben müsste.
Neben dem Fokus auf Charlie und Ellie wechselt aber der Film auch den Fokus auf seine anderen Nebendarsteller, Liz und Thomas, dessen Hintergrundgründe jeweils eine Verbindung zu einer sektenhaften, toxischen und kritischen Glaubenrichtung , die als Misstand in Amerika stark kritisiert wird.
All die geannten Themen mit dem sich der Film beschäftigt, mögen gerade wenn man die Aufzählung sich durchliest, etwas wirr und zusammenhanglos erscheinen. Jedoch dominieren diese Themen so sehr das Geschehen in Charlies Zimmer und damit auch seinen Hauptlebensraum, sodass man nicht danach fragt, welche Geschichten es von bestimmten Charakteren im Zusammenhang mit Charlie außerhalb seiner vier Wände es noch gibt und auch gerne sehen würde. Sicherlich hat es auch mit Budget des Films selbst zu tun und der Tatsache, dass es wie erwähnt, um eine Verfilmung eines Kammerspiels handelt. Dennoch ist es durchaus erwähnenswert und auch überraschend für einem selbst, wenn man erst nach 1 Stunde und 57 minuten erst merkt, dass man als Zuschauer eigentlich nur in Charlies Wohnung sich befand.
Fazit
„The Whale“ behandelt Themen, die zueinander nicht verschiedener sein könnten, dafür aber eine interessante Konstellation an zwischenmenschlichen Beziehungen zeigt, was man sonst nicht so oft sieht. Entsprechend bleibt auch das Interesse für die Hintergründe, die Stück für Stück aufgedeckt werden, das Herzstück des Filmes bei dem man sich fragt: „Wie passt das eigentlich zueinander?“ Überraschen tut der Film nicht, lässt aber bei einem typischen Darren Aronofskys-Film erneut Interpreationsfreiraum für eigene Gedanken auch wenn vielleicht die Motivation darüber nachzudenken oder zu philisophieren nur bedingt großist, da es sich um doch eher schweren Themen handelt.